****** Spätestens jetzt dürfte klar sein, dass Lorde nie zweimal das gleiche Album veröffentlichen wird.<br>Herrschte beim Debüt "Pure Heroine" noch minimalistische Elektronik vor, die bei "Melodrama"<br>durch eine üppigere Produktion ersetzt wurde, so präsentiert sich die Neuseeländerin diesmal<br>mit einem akustischen, unspektakulären Sound, der oftmals von einer Akustikgitarre getragen wird.<br>Was vermeintlich nicht zu Lorde passt, tut es doch überraschend gut: Sie weiß genau, wie sie sich<br>im neuen musikalischen Gewand optimal in Szene setzt und ihre musikalische Vision ausdrücken kann.<br><br>Die Lead-Single und das Album-Cover ließen ein heiteres, eindimensionales Sonnenschein-Album<br>befürchten, aber es wäre nicht Lorde, wenn es so einfach wäre. Tatsächlich ist sie nur selten so<br>unbeschwert wie in dieser Single. Viel öfter reflektiert sie ihre Eindrücke aus der Welt der schillernden<br>Stars in Amerika ("don't what that California love") und sehnt sich nach der Flucht in die Heimat und in die Natur.<br>Vermutlich nimmt sie sich ganz bewusst immer vier Jahre Zeit für ein neues Album.<br><br>Wie Billie Eilish auf ihrem neuen Album erzählt uns auch Lorde von den Schattenseiten des Lebens eines<br>Popstars. Zwar hat sie offenbar nicht mit Stalkern oder mit Bodyshaming zu kämpfen, sondern fühlt sich von<br>der hohen Erwartungshaltung an ihre Musik unter Druck gesagt. Auch eine Erlöserfigur für ihre Fans will sie nicht<br>sein, wie sie im hervorragenden Opener "The Path" erklärt. Das alles könnte ein Grund dafür sein, warum<br>richtige Hits diesmal rar gesät sind - lediglich "Solar Power", "Secrets From A Girl" und "Mood Ring" sind<br>eingängige Popsongs. Viele der anderen Tracks sind typische "slow burner", zu denen man nur Zugang finden kann,<br>wenn man sich länger damit beschäftigt. Unter der vermeintlich langweiligen Fassade von "Big Star" etwa schlummert<br>eine traurige Perle von einem Song und auch "Oceanic Feeling" öffnet seine Türen erst allmählich, während er anfangs<br>nur Verwirrung verursacht.<br><br>Lorde beweist mit "Solar Power", dass das Albumformat auch im Streaming-Zeitalter noch lange nicht tot ist.<br>Ihr ist hier ein Gesamtwerk gelungen, auf welches das Motto "mehr als die Summe seiner Teile" zutrifft. Als Einzeltrack<br>mag eine introspektive Nummer wie "Stoned In The Nail Salon" nicht vom Hocker reißen, aber im Album fügt sich<br>die ruhige Ballade sehr gut ein. Das ganze Album klingt so angenehm und unaufgeregt wie nur wenige, die ich kenne.<br>Sie bricht damit sämtliche Regeln des aktuellen Pop-Business, aber vielleicht erfindet sie hier einfach neue Regeln.<br>Es wäre nicht das erste Mal, dass ihr das gelingt. Es braucht Künstlerinnen wie sie auf der Welt.<br><br>Enttäuscht bin ich lediglich von ihrer Entscheidung, das Album nicht als CD anzubieten. Stattdessen muss man sich als<br>Fan eine CD-lose "music box" ins Regal stellen, die aber immerhin ein schönes, dickes Booklet dabei hat.<br><br>Highlights:<br><br>The Path<br>Fallen Fruit<br>California<br>Mood Ring<br>The Man With The Axe |