****** In der ersten Hälfte der 70er Jahre hat Bob Dylan einige Alben von sehr unterschiedlicher Qualität produziert, die von den internationalen Musikjournalisten zu, Teil nicht zu Unrecht zerrissen wurde. Mit dem Soundtrack zum Film Pat Garret & Billy The Kid und dem daraus ausgekoppelten Singlehit Knockin On Heavens Door, einem fast magischen Juwel in seinem Gesamtwerk, fand er zu alter Klasse zurück. Diesen Trend setzte er mit dem Anfang 1975 erschienenen Album Blood On The Tracks fort. Zwar ist dieses Werk als Gesamtwerk gesehen mit Sicherheit nicht Dylans beste Arbeit, beinhaltet aber einige Momente, die es in sich haben. Gleich der Opener, der Folksong Tangled Up In Blue knüpft musikalisch an Zeiten von z.B. Like A Rolling Stones oder Just Like A Woman, ohne allerdings die Klasse solcher Stücke zu erreichen. Als Singleauskopplung war Tangled Up In Blue im März 1975 ein kleiner Hit in den US-Charts. Schlicht und unspektakulär kommt er in Simple Twist Of Fate, eine Nummer, die nur mit Baß, Gitarre und Mundharmonika eingespielt wurde. Welches Potential in dieser Nummer steckt, hat Joan Baez mit ihrer phantastischen Version bewiesen. Eine ähnlich schöne und schlicht eingespielte Nummer ist auch Youre Big Girl Now. Hier fallen besonders die akustischen Gitarren äußerst angenehm auf. Ein großer Moment auf Blood On The Tracks ist das fast 8 Minuten lange Idiot Wind. Idiot Wind ist ein für Bob Dylan typisches Stück: Wortlastig, etwas sperrig und von einer in sich schlummernden Klasse. Hätte einer der Spezialisten für Dylan Coverversionen wie etwa Manfred Mann Idiot Wind aufgenommen, wäre das Stück heute sicher einer der großen Klassiker des Meister. So fristet dieses großartige Stück in seinem unendlich erscheinenden Gesamtwerk eher ein Schattendasein und muß erst noch entdeckt werden. Das gleiche gilt auch für das wunderschöne Youre Gonna Make Me Lonesome When You Go. Meet Me In The Morning geht eher in Richtung Folk-Blues und dürfte Freunden dieser Musik gut gefallen. Der Höhepunkt des Albums ist das fast 9 Minuten lange Lily, Rosemary And The Jack Of Hearts. Hätte Dylan dieses folkbeinflußte Lied ein Jahrzehnt früher aufgenommen, wäre es heute mit Sicherheit einer seiner unsterblichen Klassiker. Leider fristet dieses grandiose, sehr wortlastige Lied wie viele andere grandiose Lieder aus seiner Feder ein Schattendasein in seinem Gesamtwerk und dürfte wohl auf alle Zeiten unbeachtet bleiben. Für andere Künstler wäre so ein Lied der Höhepunkt ihres Schaffens. Das sanfte und leicht verträumte If You See Her, Say Hello ist einfach nur schön. Das schlicht arrangierte Lied knüpft in seiner Machart an Dylans stärkste Zeiten der 60er Jahre an. Auch dieses Lied ist für Dylan Verhältnisse nichts besonderes, wäre aber ebenso wie Lily, Rosemary And The Jack Of Hearts für andere Künstler der Höhepunkt ihres musikalischen Schaffens. Ein echter Höhepunkt des Albums ist Shelter From The Storm. Hier kann man einmal mehr feststellen, daß, wäre dieses Lied 10 Jahre früher erschienen, es zu den ganz großen Dylan Klassikern zählen würde. Von der Qualität kann diese grandiose, nur mit einer akustischen Gitarre und Mundharmonika gespielte Nummer locker mit seinen ganz großen Klassikern wie Blowing In The Wind oder Like A Rolling Stone mithalten (auch wenn diese Tatsache einige in Frage stellen werden!). Im gleichen musikalischen Stil wie Shelter From The Sorm ist auch Buckets Of Rain gehalten. Hier zeigt sich einmal mehr, daß Bob Dylan dann am besten ist, wenn seine Lieder ziemlich schlicht gehalten sind. Nur mit einer akustischen Gitarre begleitet, verfügen sie teilweise über eine fast magische Atmosphäre. Alles in allen ist Blood On The Tracks ein wirklich gutes Album, auch wenn es in seinem Gesamteindruck mit seinen ganz großen Werken der 60er Jahre nicht ganz mithalten kann. Aber nach den eher mäßigen Werken der frühen 70er Jahre ist einfach grandios. Und das Bob Dylan noch lange nicht zum alten Eisen zählte, zeigt die Tatsache, daß er mit Desire (1975), Street Legal (1978) und Slow Train Coming (1978) drei noch wesentlich bessere Werke nachlegte. Allein die Tatsache, daß Blood On The Tracks mit Idiot Wind, Lily, Rosemary And The Jack Of Hearts und Shelter From The Storm drei seiner besten und stärksten Lieder der 70er enthält, rechtfertigen schon 6 Sterne. Für Dylan Neulinge ist dieses Album indes eher ungeeignet, denn man muß seinen Bobby D. schon gut kennen, um Gefallen an den teilweise sehr schönen Liedern zu finden. Wer Dylan mag, der wird dieses Album zu schätzen wissen. |